28 - Grenada

Die kleinen Antillen – für eine Zeitlang unser Zuhause.
Januar 20

Karibiksaison

Zuerst muss ich euch etwas über die Karibiksaison erzählen. Wie ich aus mehreren Reaktionen annehmen muss, ist den meisten von euch nicht bewusst, dass wir die Karibik nicht ohne Ende einfach so geniessen können. Bis ca. Mai/Juni ist das Herumsegeln und Ankern hier auf den kleinen Antillen problemlos möglich. Doch ab Juli heisst es aufpassen. Dann startet die Hurrikan Saison und diese dauert bis Ende November.
Entschliessen wir uns hier zu bleiben, dann wären wir den Hurrikans ausgesetzt. Wir müssten das Wetter sehr genau beobachten, das Schiff müsste startklar sein und bei einer Hurrikan-Warnung müssten wir Anker aufnehmen und wegsegeln. Hätten wir Gäste an Bord, dann müssten diese auf irgendwohin mitreisen oder auf der Insel bleiben und selbst schauen, wie sie zurechtkommen.
Trotzdem melden einige Segler, dass die Hurrikansaison die schönste in der Karibik sei. Dann, wenn die meisten Segler weg sind und alles schön ruhig und verlassen ist. Es gibt auch Hurricaneholes, doch diese relativ geschützten Buchten sind rasch besetzt.

Die andere Lösung, und das ist wahrscheinlich unser Plan, im November in die südlichen Regionen zurückzukehren. Hier auf Grenada ist es relativ sicher. Obwohl 2004 verwüstete der Hurrikan IVAN viele Gebiete und 2005 EMILY, welche unzählige Muskatnussbäume zerstörte. Eine weitere Variante wären die ABC-Inseln (Aruba, Bonnaire und Curacao). Schön wäre es, wenn wir nach Venezuela oder Trinidad in die hurrikansichere Zone könnten. Die politische Situation und die grosse Armut dort – es wäre zu gefährlich und es wird davon abgeraten. Ihr seht, es ist gar nicht so einfach.

Grenada

Von Tobago sind wir zuerst in die Prickly Bay im Süden von Grenada gesegelt. Die Bucht ist gross und von vielen Pflanzen und schönen Häusern umgeben. Ja, ganz anders als in Tobago. Dort war es Natur pur, sehr einfach und authentisch. Hier sind wir zurück in der amerikanisch angehauchten Zivilisation! Viele Häuser sehen unbewohnt aus; Ferienhäuser von gutsituierten Leuten. Auch die vielen Segelboote, die hier vor Anker liegen, sind nicht alle bewohnt. Wir schätzen, über die Hälfte warten auf ihre Besitzer, vielleicht kommen sie auch gar nicht wieder.

Schöne Ferienressort am Strand, jedoch kaum Gäste….

Ansonsten geniessen wir hier die Aussicht. Sanfte Hügel, überall verstreut farbige Häuser. Sie sehen von weitem fertiger aus als auf Tobago. Zum Einkaufen wandern wir natürlich zu Fuss los. Ungeachtet der staubigen Strasse und der Hitze. Schliesslich können wir nicht dauernd auf dem Schiff herumsitzen. Aber dieses Einkaufen hat uns dann doch sehr geschlaucht. Du wanderst hin, kommst in einen klimatisierten grossen fremden Laden, suchst deine nötigsten Dinge zusammen, stehst an der Kasse an, packst ein, schulterst den schweren Rucksack und es geht zurück zum Schiff. Das macht durstig und müde Knochen! Aber das Schwimmen im warmen Meerwasser in der ruhigen Bucht – das macht vieles wieder wett! Auch der anschliessende Apéro – Coke with Rum –lässt alles schnell wieder vergessen😊

Mount Hartman und Woburn Bay

Silvester geniessen wir zu zweit – Ruedi und ich. Rundherum blaues warmes Karibikmeerwasser. Ab und zu tauchen Schildkröten hoch, um Luft zu holen. Am Ufer stehen luxuriöse Anwesen; eines spendiert ein kleines feines Feuerwerk. Wow – schön! Aus dem Restaurant bei der kleinen Secret Bay Marina tönt leise Saxofon-Jazzmusik. So werden der Abend und Jahresbeginn 2020 unvergesslich.

Ressort der Superlative. An Silvester spendieren sie aber ein sehenswertes Feuerwerk!
PASITO liegt in der Bucht.

Nun sind wir endlich bei den vielen Buchten zum Ankern. Auf den kanarischen Inseln haben wir diese sehr vermisst. Dort mussten wir viel in den Marinas festmachen. Deshalb wechseln wir gleich die Bucht und lassen den Anker in der nächsten, in der Woburn Bay fallen. Direkt neben einem anderen Segelboot SY MUCK – Schweizer, seit 9 Jahren unterwegs und einmal um die Welt. Sie nehmen uns am Sonntagabend mit auf Hog Island. Am Sandstrand gibt es Live-Music, Lobster, Hamburger und Drinks. Das Volk ist bunt gemischt – viele Segler landen mit den Dinghys, aber auch viele Einheimische treffen sich hier. Es wird gequatscht, sich kennen gelernt und Informationen ausgetauscht. Die Stimmung ist locker, der Sonnenuntergang und die Drinks machen alles noch viel lockerer…

Crew der SY MUCK und SY PASITO
Ruedi und Ruedi.
Livemusic

Le Phare Bleu

Ich habe schon viel erfahren über diesen Le Phare Bleu. Zuhause habe ich mir gesagt, wenn ich nach Grenada komme, dann will ich den unbedingt besuchen. Nun sind wir hier. Einige werden sich noch an die ehemalige 10vor10-Moderatorin Jana Caniga erinnern. Sie hat mit ihrem Mann Dieter Burkhalter ein Ressort mit Marina Le Phare Bleu aufgebaut. Das ganze Vorhaben haben wir in der Presse und auch durch ihren Dokumentationsfilm verfolgt und bewundert. Viele Hürden mussten die beiden überwinden. Heute sind sie nicht mehr im operativen Geschäft tätig, sie haben sich ins ruhige Hinterland verzogen. Zu gerne hätte ich sie mindestens gesehen – und wir haben Glück 😊 Am Freitagabend ist ein Konzert mit Sabrina Francis, am Keyboard Dieter Burkhalter. Und im Publikum sitzt Jana und kommt doch tatsächlich zu einem kurzen Schwatz zu uns an den Tisch. Dies hat mich mehr beeindruckt, als ich erwartet hätte. Jetzt sind wir so viele Seemeilen auf eigenem Kiel gesegelt, hier eingetroffen und haben aus der Vergangenheit etwas in die Gegenwart geholt. Mega!

Das Restaurant mit Bar, ein ausrangiertes Boot.
Die Bungalows sehen schick aus.
Caribbean feeling.
Hier hören wir viel Schweizerdeutsch!
Wir freuen uns auf das Live Konzert im Phare Bleu.
Jana filmt, Sabrina und die Mädels singen und Dieter spielt Keyboard.

St. George’s und Maurice Bishop

Bevor wir den Anker in der Bucht von St. George’s runterlassen, machen wir mit dem Segelboot eine Besichtigungstour durch die Lagune mit der Marina und die Carenage mit der Altstadt. Die Sicht vom Wasser auf die Stadt ist wunderschön.

Carenage – der alte Stadtteil im Osten.
Uralte Häuser.
Der Kirchturm ist solo. Das Kirchenschiff besteht nicht mehr. Das war wohl IVAN.
Diese Kirche mit dem farbigen orangen Dach ist innen durch seine grossen Fenster wohltuend hell.

Hoch oben auf einem Berg sehen wir ein modernes Gebäude, das uns etwas an die Akropolis in Athen erinnert. Was ist das wohl? Das wollen wir herausfinden und laufen zu Fuss den Berg hoch. Doch einen Weg zu finden, ist gar nicht so einfach. Du musst die Traverse erwischen, sonst landest du immer in einer Sackgasse. Aber hilfsbereite Menschen weisen uns den Weg.
Bevor wir dieses Gebäude – es ist übrigens das neue Parlament (eingeweiht 2018) – erreichen, kommen wir an einem Grundstück mit einer wunderschönen, aber sehr verfallenen Villa vorbei. Es ist nicht abgesperrt und kein Schild stoppt uns, und so schauen wir es uns von nahem an.
Das Nachbarhaus besitzt ein Wachhäuschen. Der Wachmann erzählt uns, dass in diesem Haus Maurice Bishop gewohnt hat. Durch Zufall kommen wir hautnah an eine historische Geschichte über Grenada.

Maurice Bishop war von 1979 bis 1983 Premierminister. Die marxistische Bewegung New Jewel Movement (NJM) löste 1979 durch eine unb lutigeRevolution die Regierung von Gairy ab. Bishop wollte für Grenada Blockfreiheit und gute Beziehungen zu USA sowie Sowjetunion und Kuba.
Soziale Reformen (kostenloses Gesundheitssystem), Bau neuer Schulen, Gleichberechtigung und Schutz der Frauen, und Ähnliches sicherten ihm eine hohe Beliebtheit in der Bevölkerung. Er hat sich auch für den Flughafen Grenada eingesetzt. Er wollte keinen militärischen Stützpunkt (Kuba und Sowjetunion), sondern eine zivile Nutzung des Flughafens zur Förderung der Wirtschaft und Tourismus von Grenada. Erst viele Jahre später 2008 wurde der Flughafen umgetauft und nach ihm benannt.
Im Oktober 1983 wurde Bishop nach internen Führungsstreitigkeiten in einem Staatsstreich von innerparteilichen Konkurrenten abgesetzt und unter Hausarrest gestellt.

Am 19. Oktober 1983 befreiten die Demonstranten Bishop aus seinem Arrest. Er begab sich ins militärische Hauptquartier nach Fort Rupert, dem heutigen Fort Georg, wo es zu einer Schiesserei zwischen Zivilisten und Soldaten kam. Bishop wurde mit anderen auf Befehl ihrer Rivalen im New Jewel Movement exekutiert. Die Regierung unter Bishop war im Volk beliebt gewesen; die Gewalt des Umsturzes löste in der Bevölkerung Angst und Ablehnung aus.

Am 25. Oktober 1983 begann die Invasion auf Grenada durch die US-Regierung, unterstützt durch die OECS, Barbados und Jamaica. Sie dauerte vier Tage. Vielleicht kann sich der eine oder andere noch daran erinnern. Diese Geschichte hat uns sehr beeindruckt.

Ich habe die Fakten aus Wikipedia geholt. Siegenauer aufzuschreiben hätte meinen Blog gesprengt – wenn es euch interessiert,dann informiert ihr euch am besten dort genauer.

Das Haus von Maurice Bishop bis 1983 – als er erschossen wurde. Die Regierung überlegt sich immer noch, ob sie daraus ein Museum machen möchte. Viel Zeit bleibt aber nicht mehr. Die Natur holt sich das Gebäude zurück.

Zurück in die Gegenwart.

Das Laufen durch die Strassen ist gar nicht so einfach. Zuerst mal wie erwähnt die vielen Sackgassen. Dazu gibt es keine Trottoirs, als Fussgänger musst du Acht darauf geben, dass du nicht in die tiefen Gräben neben der Strasse fällst oder den Fuss verstauchst. Ganz nah neben dir fahren die Autos relativ rasant vorbei.

Dies ist eine Hauptachsen durch den Ort. Keine Fussgängerwege helfen, bequem zu laufen.

Aber es gibt so viel zu entdecken. Die farbigen Häuser besitzen zahlreiche Verzierungen oder alte Klappläden. Immer wieder guckt jemand plötzlich raus und grüsst freundlich. Neben halb verfallenen Häusern mit viel Patina stehen farbige und schöne Villen. Die Auswirkungen des Hurrikans IVAN sind überall noch sichtbar.
Doch St. George’s hat für uns als Segler auch einen Nachteil. Grosse Piers erlauben Kreuzfahrtschiffen das Anlegen. An einem Tag sehen wir gleichzeitig 3 grosse Cruisers. Und alle diese Gäste strömen durch die Strassen der Stadt! Für die Einheimischen ist es ein Segen, sie können Geld verdienen. Aber für uns Segler ist erstens alles doppelt so teuer und zweitens geht es dann erst recht überall nur ums Geld und Massentourismus. Dafür haben wir aber die Zeit und die Möglichkeiten in ruhigere Buchten auszuweichen oder auf kleine Inseln, wo die Kreuzfahrtschiffe nicht hinkommen. Wir hoffen, wir brüskieren hier keine Fans von Kreuzfahrt-Schiffsreisen 😊

Dies ist ein Sonnen- oder Regenschirm!
Der Hauptplatz mit dem Markt im westlichen Teil der Stadt.
Dominante Kreuzfahrtschiffe. Die Preise steigen kurzfristig in der ganzen Stadt!
Vom Schiff aus sehen wir an die Häuser am Hang.
Dinghy fahren.
Life Guard an der Beach und die Tsunami-Warnungen sind sehr präsent.
Luft holen, höchstens 3 Mal, dann wieder abtauchen. Schildkröte.

Der Küste entlang in lauschige Buchten

Bevor wir zur nächsten Insel nach Carriacou übersetzen, übernachten wir wind- und wellengeschützt in kleinen Buchten. Ausser uns gerade mal noch ein, zwei andere Schiffe.

Halifax Bay – nur noch zwei Segelboote neben uns.
Natur pur.
Der Kuchen mit tropischen Früchten, Schokolade und Rum ist der Hammer!

Inselhüpfen

Wir sagen vorerst Ciao Grenada und segeln zur kleineren Insel Carriacou rüber.

Mit uns sind einige Segelboote unterwegs, so dass wir der Meinung sind, dass wir die Wetterbedingungen gut studiert haben. Doch dann kommt ein Squall nach dem anderen. Die Regengüsse sind sehr heftig, der Wind teilweise auch. Bevor unsere Stimmung zu tief sinkt, kommt eine riesengrosse Gruppe Delphine und begleitet uns ein Stück. Der Regen prasselt mit einer Wucht auf die Wasseroberfläche und die Delphine juchzen, schwimmen und hüpfen um die Wette. Als würden sie uns ablenken wollen und nachschauen, ob es uns gut geht 😊

zurück