13 - La Graciosa

Naturpark des Chinijo-Archipels mit der anmutigen Insel La Graciosa, eine der nördlichsten der Kanaren.
Juni 19

Wow –welcher Unterschied

Der Abschied von Madeira heisst auch Adieu OKOUMÉ. Die Besatzung möchte zuerst auf die Azoren segeln. Wir haben die gemeinsame Zeit sehr genossen (Porto Santo und Quinta do Lorde/Madeira) und hoffen, die beiden vielleicht auf den Kap Verden wieder zu sehen?
Die Überfahrt zu den Kanaren war sehr anstrengend. Es hatte etwas zu viel Wind und Wellen von quer ab. Die zweite Nacht musste Ruedi fast allein durchstehen,viel Ablösen konnte ich ihn nicht. Jetzt sind wir froh, dass alles gut gegangen ist und wir heil im Hafen anlegen können.

La Graciosa entlockt uns ein Wow. Wir kommen von einer Insel mit vielen Bergen und viel Grün und erreichen ein flaches Eiland mit gelbem Sand und türkisfarbenem Wasser. Wir sind tief beeindruckt. Vier Vulkankegel ragen aus der kargen Ebene, auf der fast keine Pflanze zu entdecken ist. Nur trockenes Gebüsch und ab und zu eine Palme. Caleta del Sebo – der Hauptort – hat kleine meist einstöckige weisse Häuser, vor allem dem Ufer entlang. Für die wenigen Autos sind ausschliesslich Naturstrassen ohne Asphaltbelag vorhanden. Täglich reisen Tagestouristen von den anderen Inseln nach La Graciosa an, deshalb gibt es hier doch einige Restaurants. Vor allem in den Mittagsstunden ist es hier quirlig mit vielen verschiedenen Menschen unterschiedlicher Nationen. Das Leben geht eindeutig langsamer vor sich. So richtig zum Runterfahren und geniessen. Wir schämen uns fast ein bisschen, als wir gleich nach einer Internetverbindung fragen. Diese weltliche Zerstreuung ist hier irgendwie fehl am Platz. Und tatsächlich finden wir keine Verbindung! Oder besser gesagt, sie geben das Passwort nicht an Touristen! Bereits in Portugal haben wir einen mobilen Router gekauft und eine portugiesische Daten-SIM-Karte. Da hat das mit dem Web grossartig funktioniert. Aber hier auf La Graciosa können wir noch keine spanische SIM-Karte kaufen. Gibt es hier nicht.

«Langsamer Leben – geht das denn? Vielleicht sollte akzeptiert werden, dass wir nicht immer eine Zerstreuung brauchen. Einfach mal das Rundherum in sich reinziehen und wirken lassen.»

173 m hoch – Montana Amarilla. Der höchste Vulkankegel hat 226 m.
Ausblick quer über die Insel.

Nach unserer ersten Rundwanderung über die Insel fragen wir uns, warum wir so in dieser windigen Öde rumlaufen. Hier ist nichts ausser Sand und trockenes Gestrüpp. Und trotzdem birgt dies eine Faszination. Kleine trockene und bizarre Pflanzen, wenige die rot blühen, die zufällige Anordnung von den schwarzen Steinen im hellen Sand, die herumschwirrenden kleinen Eidechsen und überall die vielen weissen Schneckenhäuschen oder Muscheln. Ab und zu begegnen uns Touristen mit gemieteten Mountainbikes. Vor allem am Hafen sind zahlreiche Mietstationen platziert, so dass der Ankömmling meint, dies sei eine gute Idee.Sie alle kämpfen nun mit der Strasse, denn sie ist streckenweise voll mit tiefem Sand oder die Piste hat so tiefe Rillen, dass das Fahren nicht besonders angenehm ist. Ab und zu fährt auch ein staubiges Landrover-Taxi an uns vorbei.

Wieder im Hauptort Caleto del Sebo stapfen wir durch die leeren sandigen Strassen, unsere Hände griffbereit zum Halfter mit dem Colt – nein wirklich, es erinnert an einen Wild West Film😉

                             Caleto del Sebo und im Hintergrund die Insel Lanzarote.

Typisches Türmuster.
Kampf gegen den Sand.

Eindrückliche Naturmöbel in der Casa Lola.

Unsere zweite Rundwanderung ist ganz anders als die erste. Sie ist viel abwechslungsreicher. Weite Lavafelder, die vom Vulkankegel bis ins Meer ragen und eine schroffe Küste bilden. Der Weiler Pedro Barba wird nur von begüterten Einheimischen mit prächtigen Villen und vielen Pflanzen bewohnt. Der Küste entlang folgt zuerst öde Steppe, gefolgt von Wüste mit hellem feinem Sand. Dahier alles unter Naturschutz steht, dürfen die Wege, welche mit Holzpfosten markiert sind, nicht verlassen werden. Wieder geht es über in Steppe mit allerlei Büschen mehr oder weniger trocken, bis hin zur Playa de las Conchas.Sie ladet mit ihrem hellen Sandstrand und dem türkisblauen Wasser zum Baden ein. Aber – 2013 starben hier ein Vater mit seiner 11-jährigen Tochter. Sie standen mit den Füssen im Wasser und wurden von der starken Unterwasserströmung regelrecht ins Meer raus gezogen. Also Badende gibt es hier praktisch keine und wenn, dann mutig und äusserst kurz!

Playade las Conchas. Trügerische Schönheit.

Schiffsleben

Wir bleiben nicht den ganzen Tag auf dem Boot. Sobald wir am Liegeplatz im Hafen sind, erkunden wir die Umgebung. Nicht alle Segler laufen so viel an Land herum wie wir. Doch uns treibt die Neugierde und auch die Lust an der Bewegung vorwärts. Im Moment ist es noch nicht so heiss, so dass Wandern noch gut möglich ist. Mit viel Sonnenschutz (Hut, Sonnenbrille und -creme) und viel Trinkwasser im Gepäck ziehen wir los!

Unsere Arbeiten auf dem Schiff sind nicht viel anders als zuhause (früher 😊). Putzen müssen wir auch. Und wie. Ihr glaubt gar nicht, wie viel Sand und Staub in alle Ritzen eindringt. Aber dafür haben wir nicht so viel Fläche oder Zimmer, so dass wir rasch fertig sind.
Nach einer Überfahrt ist das ganze Boot von Salzkristallen überzogen. Die Gischt oder der Wind hüllt die Oberfläche in salzige Feuchtigkeit. Sobald wir in einem Hafen ankommen, nehmen wir zuerst den Wasserschlauch und spritzen alles ab. Dies tut echt gut, es fühlt sich nicht mehr so klebrig an. Dann erst wird der Apéro oder die Mütze voll Schlaf genommen!
Unsere Körperhygiene – dafür haben wir ein kleines Badezimmer mit einer separaten Duschzelle. Wir sind echt dankbar dafür. Nur warmes Wasser ist nicht immer verfügbar. Aber jetzt wird es ja immer wärmer und kühles Wasser ist in Ordnung. Wir haben relativ grosse Süsswassertanks (600 Liter) und sind dadurch einige Tage unabhängig. Einen Wassermacher (Salziges Meerwasser in Süsswasser) haben wir auch, er ist allerdings noch nicht in Betrieb. Aber demnächst.

Das Hafenleben ist eigentlich schön. Es läuft immer was, wir beobachten was ringsherum geschieht. Hier in Caleta del Sebo kommt tagsüber ein Ausflugsboot nach dem anderen. Dies bringt auch Motorenlärm mit sich. Und Wellen, denn nicht jedes Boot fährt langsam ein. Die Gäste zerstreuen sich in den Ort, die Cafés und Restaurants und den Strand. Es fällt uns auf,dass viele Kinder dabei sind. Oft haben wir das Gefühl, ganze Schulklassen zum Baden kommen. Abends, wenn alle Gäste und Boote wieder weg sind, wird es etwas ruhiger. Obwohl, die Fischer kommen und gehen, manchmal auch mitten in der Nacht.

Jeden Samstag gibt es ein öffentliches Konzert. Mitten auf dem Dorfplatz wird eine Bühne aufgestellt,davor viele Stühle. Vor allem die Einheimischen und Kanarier von den anderen Inseln kommen. Am zweiten Samstag haben wir das Glück und entdecken viele ältere Personen mit Tracht oder dem typischen Hut von La Graciosa.

Schweben über Grund

Die Bucht mit der Playa Francesa müssen wir unbedingt geniessen. Und so machen wir uns nach ein paar Tagen und Nächten im Hafen auf und gehen ankern. Es ist tatsächlich wunderschön hier. Das Wasser absolut klar und grünblau. Dauernd suchen verschiedene Fische unter den Booten Schatten. Unser Dinghy hat einen Pilotfisch. Er liebt unser Dinghy heiss, besonders die weisse Schraube des Motors. Als wir diesen für die Nacht aufs Segelboot hieven, guckt uns doch dieser kleine Fisch sehnsüchtig an der Wasseroberfläche nach, als wolle er uns sagen «Nein, nicht wegnehmen!» Wir müssen sehr lachen, so lustig sieht das aus.

Tagsüber weht immer ein laues Lüftchen, gegen Abend wird es ruhiger und kühler. Herrlich. Was uns als Feierabendbeschäftigung dient, ist der Himmel und seine Sonnenuntergangsstimmungen. Jeder Abend ist anders und jedes Mal beeindruckend.

Tagsüber Ausflugsboote an der Playa Francesa.
Feierabend.

Was wir hier noch nicht hatten: Andere Segler kennen lernen. Es sind noch nicht so viele unterwegs, und die, die wir treffen,wollen unter sich bleiben. Vor allem Kontakt mit Franzosen zu erhalten, ist äusserst schwierig. Die meisten können nur Französisch und kaum Englisch. Und Franzosen hat es hier viel. Naja, wir liegen ja auch in der Playa Francesa…

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