25 - Cabo Verde - Mindelo II

Unser Ausflug mit der Fähre nach São Antao und Wanderungen zu Pflastersteinen und Leuchtturm.
November 19

Die grüne Insel mit den hohen Bergen und tiefen Tälern

Aufstehen müssen wir noch im Dunkeln um fünf Uhr früh. Mit dem Dinghy legen wir wie üblich beim Tauchshop an. Oha, das Tor ist geschlossen! Das haben wir uns bereits gedacht. Sogleich erscheint aber ein Security-Mann und lässt uns raus.
Unsere Tickets für die Überfahrt mit der Fähre nach São Antao haben wir gestern Abend online besorgt. Wir sind extra so früh im Abfahrtsterminal, damit wir die eintreffenden Menschen beobachten können. Dies ist immer sehr spannend, so kriegen wir viel vom Alltag der Inselbewohner mit. Sie treffen mit viel Gepäck ein und sind beschäftigt, ihre Taschen und Kartons für die Verladung zu sichern. Bereits nach ein paar Minuten kommen wir mit einem älteren Kapverdianer ins Gespräch. Er spricht sogar etwas deutsch, weil er ein paar Monate in Hamburg war. Er kommt von der Insel São Nicolau und erzählt uns etwas über sein Leben hier.
Pünktlich um 7:00 Uhr startet die Fähre und legt ab nach Porto Novo. Dort werden wir von unzähligen Taxis, Taxibussen und Aluguers erwartet. Jeder will seine Tour verkaufen oder sein Auto füllen. Das macht uns immer ganz kribbelig, das mögen wir gar nicht.

Schnell haben wir uns mit einem Fahrer geeinigt und fahren los. Wir wollen über die Inselmitte, die Berge nach Ribeira Grande. Die Strasse ist aus Kopfsteinpflaster und bleibt so bis auf die andere Seite. Das rattert und holpert ganz schön. Sieht aber edel aus.
In den Bergen bestaunen wir den Vulkankrater Cova de Paùl. Weit unten in seiner flachen Mitte ist es sehr grün – unzählige bewirtschaftete Felder sind zu sehen. Mit dem Buschauffeur haben wir vereinbart, dass er immer wieder mal an schönen Stellen anhält. Die Strasse ist sehr kurvenreich, die Aussicht herrlich. Je höher wird steigen, umso kälter wird es. Und umso grüner. Irgendwann ziehe ich meinen Pulli an. Links und rechts blicken wir in Täler, schauen runter in tiefe Schluchten, blicken über die Weite zu den nahen Hügelketten. Wir sind ganz still und geniessen die Fahrt. Es steigen dann noch ein Hiking-Guide und ein alter Mann mit Rucksack und Bickel in den Bus und fahren mit.
Die Landbevölkerung, an der wir vorbeifahren, schaut uns neugierig nach oder winkt uns zu.

Beinahe alle Strassen sind aus Natursteinen gebaut.
Fruchtbarer Vulkanboden. Cova de Paùl.
Die terrassierten Hängen erinnern an Reisterrassen.
Traditionelles gebundenes Dach.
Auf dem höchsten Punkt des Passes. Hier ist es merklich kühler. Die Wolken hängen hier oben fest. Mystisch.
Der Mitfahrer mit dem Bickel. Seine Hände zeugen von schwerer Handarbeit.
Während der Busfahrt. RR

Würde Ruedi jetzt auch gern machen, aber mit der Yamaha XT. RR.

Djunta mon – ein kreolischer Ausdruck

Bei einem Halt fotografiere ich ein Schild – Djunta mon steht drauf. Später google ich nach diesem Ausdruck und entdecke, dass dies eine grosse soziale und kulturelle Bedeutung hat. Früher war auf Kap Verde viel los mit Eroberungen, Plünderungen und Tod. Die Menschen konnten nur eines machen:sich zusammentun und gegenseitige Hilfe leisten. Zu einer späteren Zeit kam die Bedrohung durch Dürre und Hunger. Wieder war das Überleben nur durch die Hilfe der anderen möglich.

«Djunta mon: Einigkeit ist Stärke – A união faz a força.»

Diesem Geist ist es zu verdanken, dass in Mindelo die Mindelo Free Academy of Integrated Arts (Alaim) geboren wurde.
Zitat: «--- der die Freiheit einer informellen künstlerischen Ausbildung für Kinder und Jugendliche in einem Land fördert, das angeblich kulturell ist, in dem aber alles fehlt: Präsentationsräume, Ausbildungsschulen, technisches und didaktisches Material und qualifiziertes Personal. Aber was dank eines Djunta Mon erreicht wurde, wie es lange Zeit auf Kap Verde nicht gesehen und gefühlt wurde, hat gezeigt,dass Träumen gut ist und dass dieser Ausdruck, der von einem verschärften Individualismus geprägt ist, für die Menschen von den Inseln weiterhin Sinn macht.»
Quelle:
João Branco (encenador, actor, gestorcultural, cronista e professor de teatro).

Dies stimmt nachdenklich. In einer Ausstellung habe ich lange mit einer einheimischen jungen Frau über die Künstlerszene hier gesprochen. Sie wird so gut es geht kräftig unterstützt. Auch in der Musikszene ist dies so.

Ribeira Grande

Vom Berg her treffen wir in Ribeira Grande ein und sehen den Häusern aufs flache Dach. Viele haben Wassertanks drauf. Was sofort auffällt – viel kräftige Farben. Einige Häuser sind so richtig bunt. Dazwischen wieder dieses Betongrau, das zeigt, dass die Armut gross ist. Irgendwie müssen die farbigen Häuser für die grauen Häuser mitstrahlen!
Sofort flanieren wir durch die Gassen und Strassen. Die Einheimischen wenden ihre Blicke meistens nicht ab, nein sie beäugen uns neugierig, grüssen auch zurück und einige fangen an, mit uns zu plaudern. Sie sind sehr freundlich und offen. Natürlich sind sie arm hier. Das sieht man. Nichts ist irgendwie fertig, viel ist verfallen. Wir entdecken kleine Läden, jeder versucht sein Geld zu machen. Was lustig ist: die Läden haben oft eine Theke und dahinter Regale mit ihren Produkten. Wie früher bei uns, bestellt so jeder das, was er gerne kaufen möchte. Also keine Selbstbedienung. Aus einem Laden riecht es herrlich nach Brot und Gebäck und wir kaufen schnell etwas zu essen. Kleine Brötchen mit Thonfüllung und runde zuckrige Kugeln wie Berliner. Fein!

Leider lassen sie die traditionellen Häuser und Gebäude verfallen. Aber was bleibt ihnen den anderes übrig. Zuwenig Geld. RR.

Porto do Sol

Zu Fuss laufen wir fünf Kilometer nach Porto do Sol. Es hat nicht viel Verkehr und die gepflasterte Strasse führt gemütlich der steilen Küste entlang. Die Wellen schlagen hoch an die Klippen. Als wir uns dem Ort nähern, ist er grösser als erwartet. Wieder diese knalligen bunten Hausfassaden. Sieht einladend aus mit dem türkisblauen Meerwasser und dem himmelblauen Oben.
Am Ortseingang kommen wir zuerst an der armen Siedlung vorbei. Hier ist alles zusammengesammelt und irgendwie eingesetzt. Hauptsache ein Ort zum Bleiben. Trotzdem winkt uns ein dort sitzender Mann (sein Transistorradio läuft) freundlich zu.

Porto do Sol ist ein Mix aus verfallenen Häusern und besseren Häusern mit bunt gestrichenen Fassaden. Wir entdecken ein paar B&Bs. Ja, die Wandertouristen bleiben ein paar Tage, denn an einem Tag sind Wanderungen nur beschränkt möglich. Diese Touren sie sind lang und meistens sehr steil und anstrengend. Wunderschön. Aber es braucht Zeit dafür.

Am Meer entdecken wir den malerischen kleinen Fischerhafen. Die Einfahrt ist klein und eng, die einlaufenden Boote werden von den Wellen richtig durchgeschüttelt. Sofort werden sie mit langen Seilen an Land gezogen. Am Strand auf den Felsen bearbeiten sie ihren Fischfang, nehmen aus und säubern. Hier macht das Beobachten und Zuschauen so richtig Spass. Natürlich nicht nur uns. Touristen sind genügend da.

Für die Rückfahrt brauchen wir nicht lange suchen. Ein Fahrer eines Aluguers spricht uns an. Dies sind Busse mit ungefähr 12 Sitzplätzen. Der Chauffeur und manchmal auch ein Helfer sammeln sich ihre Fahrgäste zusammen. Eigentlich fahren sie erst ab, wenn sie voll sind. Unterwegs wird darauf geachtet, ob noch jemand mitfahren möchte.
In Porto Novo geht es mit der Fähre wieder nach Mindelo – São Vicente.

Ein Tag ist zu kurz. Aber es war wunderschön!

Weniger ist fast nicht möglich. RR.
Die alte Waage fasziniert. RR.
Hammerbild von Ruedi. RR.
Umherstreunende Katzen und Hunde haben hier ein schönes Leben. RR.

Steinwüste dem Meer entlang

Mit zwei anderen Seglern – Vreni und Christian von der SY TRINGA – unternehmen wir eine kleine Wanderung. Von einem Taxi haben wir uns hierherbringen lassen. Der Strand Salamansa wäre zum Baden geeignet, heute rollen aber sehr hohe und kräftige Wellen heran. Wir wandern los und kommen über sandigen, kargen Boden mit vielen verstreuten schwarzen Steinen zuerst zu farbigen Fischerbooten. Weiter geht es der Küste entlang. Auf der linken Seite toben heftig die hohen Wellen. So kraftvoll und fast beänstigend. Auf der rechten Seite nur ausgetrockneten Boden, Staub, trockenes Gestrüpp, ab und zu ein kleines blaublühendes Blümchen… Und Abfall.
Überall finden wir Plastikflaschen, Aludosen, Bierdosen, Kunststoffseile, etc. Es sieht schrecklich aus. Wir fühlen uns machtlos. Überall dasselbe.

Später entdecken wir Arbeiter, die in den Hügeln Steine schlagen. Zuerst wundern wir uns darüber, bis wir entdecken, dass sie Pflastersteine (Pavé) schlagen. Dem Weg entlang sehen wir überall fertige Steinhaufen. Sie werden wohl später durch Lastwagen abtransportiert. Welch mühevolle und staubige Handarbeit. Als wir den Ausflug nach São Antao machen, verstehen wir, dass die Strassen und Plätze auf den Inseln hauptsächlich mit Natursteinen gebaut werden.

Wir erreichen die Baia das Gatas. Ein riesengrosser Sandstrand. Auch hier toben heute die Wellen. Bei einem grossen Feld mit unzähligen Strassenlaternen und einem Gebäude, das aussieht wie ein kleines Stadion fragen wir uns, was dies hier soll. Hier finden immer wieder grössere Feste statt, vor allem eines im August – ein Musikfest – ist traditionell und legendär. Hätten wir gerne gesehen und miterlebt.

Hungrig setzen wir uns in das einzige offene Restaurant hier und essen einfach und fein. Dann erscheint ein Sammelbus und bringt uns zurück nach Mindelo.

Beängstigendes Ausmass. Das werden wir auf der Welt wohl häufiger sehen!

Der Sand an der Küste wird hoch den Hang hinauf geweht.
Vreni, Christian und Ruedi
Dürre Kunst am Boden.
Das Material für Kopfsteinpflaster.

Menschen auf dem Markt

Ein kleiner Leuchtturm

Mit Vreni und Christian unternehmen wir eine weitere Tour. Beim afrikanischen Markt steigen wir in ein Aluguer und lassen uns nach San Pedro bringen. Der kleine Leuchtturm erreichen wir auf einem gut befestigten Weg der schroffen Felsenküste entlang. Ein junger Mann, er ist 35 Jahre alt und träumt davon einmal nach Europa / Niederlande zu kommen, zeigt uns den Leuchtturm. Er hat mehrere zusammengewachsene Finger und Zehen. Bei uns würde man dies gleich nach der Geburt korrigieren. Hier müssen sie damit leben. Seine Arbeit ist der Unterhalt des Leuchtturms.

Auf dem Rückweg zurück nach Mindelo, entdecken wir ein Segelboot hoch auf dem trockenen Strand. Jürgen und seine LIDDER LUNG. Oh,Schreck. Wir hatten auf dem Ankerfeld schon Kontakt mit Jürgen. Sein Anker hat nicht gehalten und sein Motor gestreikt. Schlussendlich lag er auf unserer Seite. Wir und andere Segler haben ihm dann geholfen, wieder an einen sicheren Ort zu gelangen. An den Tagen darauf haben wir bemerkt, wie Jürgen immer wieder umgeankert hat. Wir haben uns sehr über ihn geärgert, weil er mit seinen Aktionen sich und andere Schiffe in Gefahr bringt. Letzte Nacht, als es so stark gewindet hat, hatte er Pech und ist mit seinem Boot gestrandet.

Hilfsaktion und trauriges Ende.

Vorbereitungen

Vor einer Weiterfahrt muss alles nochmals kontrolliert werden. Unter anderem haben wir noch einen Ölwechsel am Dinghymotor durchgeführt. Zu zweit macht es mehr Spass!

Foto von Christian.
Abendunterhaltung für uns, die beiden Jungs fischen mit viel Spass.
PASITO beim Eindunkeln. Foto von Christian.

Bald kommt die Überfahrt in die Karibik.
Habt Geduld – wir müssen zuerst wieder eine Internetverbindung herstellen, um berichten zu können.

Und vor allem: zuerst ausschlafen!!

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