55 - Curaçao

Unsere Adresse: Spanish Water – wie lange noch?
April 21

Gestoppt? Oder getrauen wir uns einfach nicht?

Diesmal werden wir etwas gefordert. Sehr spannende Geschichten können wir im Moment nicht liefern. Lockdown auf Curaçao. Alles ist gespenstisch leer. Die Strände. Die Strassen.
Einkaufen im Supermarkt für Lebensmittel ist ein Unternehmen mit gemischten Gefühlen. Anstehen in der langen Schlange draussen, damit es nicht zu viele Leute im Laden hat. Ein Lächeln hinter der Maske wird nicht immer sofort erkannt, also gucken dich viele Menschen gar nicht mehr an. Hinter der Maske und in fremder Sprache verstehen wir uns fast nicht. Die Distanz zwischen den Leuten wird immer grösser. Eine Mutante hat Curaçao erreicht, nun ist die Intensivstation voll – Ärzte und Pflegepersonal werden aus den Niederlanden zur Unterstützung eingeflogen. Jeden Tag sterben mindestens zwei bis vier Menschen. Das tönt im Vergleich zum Rest der Welt nach wenig. Aber die Inseln sind für solche Notfälle zu wenig ausgerüstet und kommen bald an ihre Grenzen. Wie geht es weiter? Es ist unheimlich.

Wir müssen nach drei freien Monaten nun unsere Aufenthaltsbewilligung verlängern und die kostet knapp 600 USD. Wir wollen eigentlich weiterreisen. Doch wohin sollen wir? Auf den anderen Inseln ist die gleiche Entwicklung (Corona) zu sehen. Wären wir besser auf Grenada geblieben? Dort hat es 0 Fälle! Doch darüber müssen wir nicht nachdenken. Wir sind hier auf Curaçao. Und bleiben jetzt noch etwas länger.

Es gibt Inseln in der Karibik, da impfen sie auch Segler. Auf Curaçao wird die Impfaktion vorangetrieben (mit Unterstützung aus Niederlande) und wir hoffen, dass wir auch bald eine Chance kriegen.

Ein paar Jahrhunderte zurück

Viele Landhäuser gibt es auf dieser Insel. Die meisten haben eine andere Funktion als früher und sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Einige sind Restaurants oder Hotels geworden und können etwas angeguckt werden. Ich habe von dem Landhaus Ascencion geschrieben. Das Militär war vor Ort und das Haus für bestimmte Zeit geschlossen. Bisher hatten wir noch keine Gelegenheit für einen Besuch. Ich erhoffe mir mehr über die Geschichte dieser Häuser im Museum Kura Hulanda in Willemstad. Also bin ich hin.

Die Gestaltung der Räume, die Räume selbst und besonders die Exponate sind sehr interessant. Dieser Rückblick in die Vergangenheit der Verschleppung von Menschen ist jedes Mal schockierend. Curaçao war das Hauptsklavendepot der Karibik. Der Transport der Afrikaner per Schiff war so brutal grob und erniedrigend – da läuft einem grad ein Schauer den Rücken hinab. Auf Curaçao gab es keine Bodenschätze und so bot sich diese Insel als sicherer Ort für diesen Handel für die niederländische WIC (West Indies Company) an. Die Ware: Menschen. Auch nach der Abolition 1863 dauerte es noch fast zehn Jahre, bis die Menschen effektiv frei waren.
Wie auch damals im Museum über die Sklaven in Guadeloupe wird davor gewarnt – hey, es gibt die Sklaverei auch heute noch. In moderner Form. Gebt acht darauf!

Die afrikanische Kultur mit ihren Schätzen von Masken, Schnitzereien, Werkzeuge, Musikinstrumente, Boote, etc. zeigen sie im Museum sehr schön. Sie hatte einen grossen Einfluss auf die Gesellschaft Curaçaos. Das wirkliche Leben auf den Landhöfen dokumentieren sie etwas zu wenig. Dies hätte mich auch sehr interessiert. Leider kommen wir im Moment nicht dazu, die Landhäuser zu besuchen (von aussen). Der Lockdown verhindert dies. Hier ein paar Beispiele, was ich aus dem Internet recherchiert habe:

·       Jan Kok: Erbaut 1840. Er war der grausamste Sklaventreiber auf der Insel. Salzproduktion, nebenbei Ackerbau und Viehzucht. Die Sklavenglocke gibt es noch.

·       Brievengat: Das grösste und bekannteste Landhaus, erbaut 1750, Aloe Vera und Rinderzucht.

·       Daniel: Ältestes existierendes Landhaus. Plantage, gegründet 1650. Landwirtschaft und Viehzucht. Raststätte für Pferde und Reiter. Heute: Gästehaus und Restaurant.

·       Knip: aus dem 17. Jahrhundert. Sehr grosses Anwesen mit 1000 Tieren und350 Menschen.

·       Chobolobo: Erbaut im frühen 18. Jahrhundert. Durch wohlhabende Händlergenutzt. Orangenzucht. Durch die Beschaffenheit des Bodens und das trockene Klima, hat sich diese Orange (ursprünglich aus Spanien importiert) von einer süssen saftigen zu einer bitteren gewandelt. Keiner interessierte sich mehr dafür; sie verwilderte. Die ätherischen Öle und der gute Duft der Orangenschale, daraus entstand durch Zufall der erste blaue Likör.
Heute wird im Landhuis Chobolobo der Blue Curaçao Likör produziert. Leiderhaben sie den Namen nicht als Marke registrieren lassen, so dass er nicht geschützt ist. Die Destillerie (seit 1946) kann besichtigt werden, sie ist öffentlich zugänglich inklusive Degustation. Das steht uns noch bevor!

Innenhof des Museums Kura Hulanda.
Habe lange überlegt, ob ich dies wirklich zeigen soll. Aber es ist Geschichte. Auf dem Transportschiff. Lageplan!
Schöne Relikte aus den verschiedenen Ländern.
Besonders die Musikinstrumente faszinieren mich.

Soziale Kontakte

Die Reaktion auf unseren Aufruf, uns mal zuschreiben, war echt super. Über jedes einzelne Mail mit ein paar Zeilen von euch haben wir uns sehr gefreut.
Mit dem Ostergruss – ein Selfie von uns – wollten wir euch eigentlich animieren, dass ihr uns auch wissen lasst, wie ihr in der Zwischenzeit ausseht. Sind die Haare grauer geworden? Wie lang sind sie, so ohne Coiffeur? Auf welche Ideen kommt ihr, wenn ihr euch darstellen möchtet?
Was wir sicher wissen: wie Osterhasen, Ostereier, Skipisten, verschneite Pflanzen, Raclette und Fondue, etc. aussehen 😊. Denn das waren die Bilder, die ihr uns alle zugesendet habt.
Also Leute – ihr würdet uns eine riesige Freude bereiten, wenn ihr uns ein Bild via Mail oder WhatsApp schickt. Bitte nur 1 Bild. Nach wie vor müssen wir die Datenmenge für den Internetzugang kaufen. Jetzt sowieso, da wir in Curaçao Lockdown haben und die freien WIFI-Zugänge in den Restaurants fehlen. Und Lockdown auf dem Schiff ist etwas einsam; wir dürfen uns zwar einigermassen an Land bewegen, doch uns fehlen die Menschen, mit denen wir etwas teilen oder lachen könnten. Euch sicher auch?

Kleiner Ausflug mit der Crew der SY MEERLA. Macht Spass 😊
Oder Sundowner Barbecue mit DIAMOND SEA 😊
Feine Spiesse –lecker!

Gasflaschen-Refit

Oje, unsere Gasflaschen sehen langsam sehr alt aus. Rostig. Kein Wunder. Wir müssen sie im Ankerkasten verstauen und dort kommt immer wieder mal ein Gutsch Salzwasser rein. Ideal für Stahlflaschen! Damit wir diese an der Füllstation überhaupt noch zeigen können, streichen wir sie halt an. Blaue Farbe haben wir im Moment grad nicht und so wird sie vorerst grau. Sieht schon einiges besser aus.
Nun fehlt noch das Gas. Wir haben von einem Seglerfreund einen Adapter gekauft; so sollte es gehen. Hier auf Curaçao haben alle grössere Gasflaschen aus Stahl, mit US-Anschlüssen. Bei Curoil, haben wir vernommen, könnten wir dies füllen lassen.
Da gerade Lockdown auf Curaçao ist, können wir uns kein Auto mieten. Giovanni will uns zwar ein Auto von einem Kollegen vermitteln. Da wir aber nicht wissen, wie streng die hier kontrollieren, lassen wir es lieber bleiben. Es darf auch nur eine Person im Moment Autofahren (offiziell 😉) und die richtige Plate (Nummernschild) mit dem richtigen Buchstaben für den richtigen Tag mussauch noch stimmen.
Aber ihr wisst ja: Kilometer abspulen zu Fuss ist unser Sport 😉. Und so laufen wir los – die Gasflasche im Rucksack von Ruedi.
Nein, nicht ganz. Zuerst nehmen wir den Bus in die Stadtmitte Punda, laufen rüber nach Otrabanda, zum nächsten Busbahnhof. Die Brücke ist gerade zur Seite gedreht, es kommen laufend grosse Schiffe in den Hafen, dazu entdecken wir einen Arbeiter, wahrscheinlich wird gerade etwas am Motor geflickt oder Revision gemacht (ist ja eh Lockdown und keiner soll rumlaufen). Die Fähre bringt uns auf die andere Seite. Wir erreichen den Bus rechtzeitig.
Mit der App maps.me und GPS verfolge ich, wo der Bus durchfährt. Als wir fast bei der Tankstelle Curoil sind, wir sehen sie sogar durch die Büsche, meinen wir, der Bus macht nun einen Bogen nach links und hält kurz daneben. Aber falsch gemeint. Er biegt ab nach rechts und fährt ins Yuhee!!! Oje. Als er etwas günstiger für uns an der grossen Strasse wieder ankommt, drücken wir auf den Knopf und steigen rasch aus. Mist! Nun müssen wir zu Fuss zurücklaufen.

Und dann sind wir endlich dort. Von weitem entdecken wir eine lange Warteschlange. Ist auch kein Wunder. So nach Ostern sind doch alle Gasflaschen leer und müssen nachgefüllt werden. Hier wird in jedem Haushalt doch mit Gas gekocht. Warum kommen wir auch auf diese doofe Idee und rauschen am Dienstag nach Ostern hierhin! Also stellen wir uns geduldig an.
Jetzt kommt ein Angestellter auf uns zu und meint, diese Flaschen können wir mit diesem Adapter nicht befüllen. Wir diskutieren und betteln. Nein!
Wenn wir ein Strauss wären, würden wir kurz den Kopf in den Sand stecken. Aber als Segler schnaufen wir tief durch – und machen uns auf zur nächsten Tankstelle in Santa Rosa (eine kleinere Füllstation daneben). Doch dort passiert das gleiche!! OK – nichts wie nach Hause! Für heute ist genug.

Das war ein kleiner Einblick ins tagtägliche Seglerleben. Nicht alles läuft immer rund.

So sehen die Gasflaschen mit der Zeit aus.
Sieht langsam besser aus! Wird nur leider nicht allzu lange halten.

Momente aus dem Alltag:

Das gönnen wir uns viel zu wenig!
Unterwegs: Kreatives Detail gesichtet.
Zwischendurch spielen wir immer wieder mal ne Runde Yatzi.
Vor dem Lockdown genossen wir die Zeit am Strand mit freiem WIFI.
Gefunden, während einer Wanderung am Meeresufer entlang.

Dieser Wanderweg ist relativ kurz, aber steil. Schwindelfreiheit vorausgesetzt.
Ich habe ihn doch noch erwischt. Baltimoretrupial.

Die Einheimischen kümmern sich liebevoll um die freien Streuner am Strand.

Neues Beach Pier

In der kleinen Bucht, wo wir ankern, gibt es ganzam Ende ein kleines morsches Haus mit Steg, daneben liegt ein Party-Motorboot. Dort lebt Giovanni. Er ist kein Italiener, nein ein Einheimischer Farbiger. Er ist sehr nett, plaudert, wenn er uns sieht, fleissig drauflos und gibt sich alle Mühe, uns als zukünftige Gäste zu beeindrucken. Wir dürfen auch unser Dinghy bei ihm festmachen; er hält ein Auge darauf, während wir weg sind, denn anscheinend wird auch geklaut hier draussen. Sein Gatter/Eingang sei immer offen, ausser nachts. Das stimmt nicht ganz. Zweimal musste Ruedi über das Gatter klettern, denn die dicke Kette hat den Eingang fest verschlossen. Wir sind froh, dass das Gatter nicht zusammengebrochen ist!
Giovanni ist sehr fleissig am Aufbau seines neuen Strand-Restaurants. Aus Fässern hat er ein Floss gebaut, darauf Holzbretter und Balken montiert. Am Ufer liess er den Platz sauber vergrössern, bestellte eine Menge Sand und schüttete diesen auf, denn dort soll das Floss mit dem Restaurant anschliessend hin und feine Karibikstimmung liefern. Auch eine junge Palme hat er dort eingepflanzt – damit sie gut wächst, mussten wir sie segnen!
Sein Hund heiss Browny. Am Anfang, als wir dort immer vorbeigelaufen sind, hat er uns knurrend laut angebellt. Mittlerweile sind wir ihm vertraut – er machtkeinen Musk mehr, guckt uns nur an. Und Browny ist ein grosser Fan von Sand. Als dieser angeliefert und verteilt wurde, rannt er vor Freude nur noch im Kreis rum. Das war lustig.
Jeden Abend kommen die streunenden Hunde, die wir schon mehrfach angetroffen haben, auch bei Browny vorbei. Es sieht so aus, als wäre dies der abendliche soziale Kontakt der Hunde. Wir staunen über die Regelmässigkeit dieser Tiere.

Wir sind gespannt, wie schnell dieses neue Restaurant entsteht und ob wir dort auch mal einen Trinken oder sogar Essen gehen. Einladungen zum Dominospielen oder Barbecue haben wir von ihm schon erhalten😊. Aber vorerst ist ja Lockdown und er noch nicht fertig.

Browny ist ganz verlegen, wir bringen ihn nicht dazu, in die Kamera zu gucken.
Kabrietenbucht mit Sicht auf PASITO.

Was steckt dahinter?

Eines Tages liegt auf einmal ein grosses Schiff in der anderen Bucht. Der Name: Logos Hope. Es sieht eigentlich aus wie eine Fähre, ist aber keine. Tagsüber entdecken wir junge Menschen, alle bekleidet mit blauen T-Shirts mit einem Logo. Sie sind mit Plastiksäcken ausgestattet und sammeln am Strand den Abfall auf. Ich wollte noch fragen, ob sie das hier regelmässig machen, freiwillig oder bezahlt. Doch ich verpasse diese Gelegenheit. Nach ungefähr zwei Wochen ist das Schiff auf einmal weg. Neugierig tippe ich den Namen bei Google rein und entdecke, dass dieses Schiff eine ganz spezielle Bedeutung respektive Aufgabe hat. Es ist ein Schiff des christlichen Hilfs- und Missionswerk Operation Mobilisation; ein schwimmendes Konferenz- und Kulturzentrum, als Büchermarkt und zum Transport von Hilfsgütern eingesetzt. Auch Hilfe vor Ort wird angeboten. Giovanni bekam auch eine Anfrage, ob er Hilfe benötige. Und eben dieses Saubermachen am Strand. Weitere Infos unter: www.om.org falls es jemand interessiert.
Die freiwilligen Helfern (darunter sogar Familien mit kleinen Kindern) aus der ganzen Welt leisten für eine bestimmte Zeit lang Hilfe. Die OM Schiffsarbeit gibt es schon seit 50 Jahren. Vier Schiffe waren dabei im Einsatz. Logos Hope war vorher tatsächlich eine Fähre (Dänemark/Deutschland) und wurde umgebaut. Da letzten Freitag der Vulkan La Soufrière auf St. Vincent and the Grenadines ausgebrochen ist, fährt nun die Logos Hope zur Unterstützung und Hilfe dorthin. Interessant.

Das hier ist leider das einzige Bild, wo die Logos Hope drauf ist. Aber so als Überblick…

Das andere Schiff – ich nenne es Monsterschiff – sieht aus wie eine schwimmende Bohrinsel mit Hubschrauberfeld. Tatsächlich ist es ein Kranschiff unter der Flagge von Bahamas (183,6 m LOA und 32,2 m breit, gebaut 2011). Auf unseren Spaziergängen setzen wir uns ab und zu hin und beobachten die Arbeiten auf dem Schiff. Die Kranen sehen wir auf unserer PASITO in der Nachbarbucht. Bei Sonnenuntergang geniessen wir den spannenden Anblick.

Tschüss – bis demnächst 😊

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