62 - Medellín

Durch die Strassen von Medellín.
November 21

Am Fuss der Anden

Wir haben Lust, noch etwas vom Landesinneren von Kolumbien zu entdecken. Trotz Covid19.

Medellín liegt eine Flugstunde von Cartagena entfernt – da wollen wir hin.
Unsere PASITO stellen wir so lange sicher in eine kleine Marina – Marina Manzanillo (eigentlich eine Werft mit ein paar Liegeplätzen). Sie ist familiär geführt, sehr einfach, sehr günstig und mit starker Bewachung Tag und Nacht.

Der Service in der Marina ist sehr persönlich. Beim Warten kriegen wir immer Kaffee.
Jenny bei der Anmeldung.

Mit dem Bus hätte die Fahrt über Land (630 km) mindestens 13 Stunden gedauert. Dies hätte uns sehr gereizt – die Landschaft muss wunderschön sein. Und genauso empfinden wir es auch, als wir mit dem Flugzeug drüber fliegen. Von Cartagena Rafael Nuñez nach Medellín José Maria Córdova. Der Airport Bus fährt uns noch eine Stunde durch die Gegend, wir geniessen die sanften grünen Hügel mit den wild verstreuten Haciendas. Sehr schön! Am liebsten würden wir jetzt mit einem Auto losfahren und entdecken.

Der Flug über Kolumbien ist sehr schön. Knapp eine Stunde.

Medellín, Hauptstadt der Bergprovinz Antioquia, liegt in einem Tal und 1495 m ü. M. Ringsherum schmiegen sich unzählige kleine Häuser die Bergflanken hinauf. Es gibt ein paar Seilbahnen, die auf die Hügel schweben. Medellín wird wegen des milden Klimas «Die Stadt des ewigen Frühlings» genannt. 2,5 Mio. Einwohner.

Hotel im Zentrum

Unser Hotel ist einfach, günstig, sauber und nah dem Zentrum. Dafür müssen wir vor allem nachts viel Lärm akzeptieren. Zu Fuss können wir von hier vieles direkt erreichen. Das ist auch gut. Leider befinden sich in der Nähe keine guten Restaurants. Einzig im Designhotel Gallery, es befindet sich zwei Blocks weiter, gibt es ein offenes Restaurant Lienzo Rooftop. Es hat eine grosse Terrasse, ist luftig, das Essen ist sehr fein und der Blick über die Stadt ist schön. Es erinnert an das Galeria in Pratteln. Könnt ihr euch noch erinnern?
Wir werden von Einheimischen gewarnt, nachts in den Strassen unterwegs zu sein. Das ist sehr gefährlich! Raubüberfälle sind nicht selten. Unsere Sinne sind deshalb auf dem Heimweg auch voll angespannt. Wir fühlen keine Bedrohung, nehmen die Ratschläge aber ernst.

Gute Ambiance.
Bei so schönen LKWs oder Pick-up kommen wir ins Schwärmen.
Es ist noch Regenzeit.
Es schüttet und wuselt.

Plaza Botero

Ein sehr belebter Platz mit 23 grossen Figuren des Künstlers Fernando Botero. Geboren am 19.04.1932 in Medellín – Maler und Bildhauer. Ich kenne ihn schon, habe von einer Freundin eine Skulptur geschenkt gekriegt. Nun kann ich sie mir in echter Grösse anschauen.

«Ich beginne als Poet, bringe als Maler Farben und Komposition auf die Leinwand, aber beende mein Werk als Bildhauer, der seine Freude dran hat, Formen zu streicheln.»      
Fernando Botero


Hier und in den umliegenden Strassen wimmelt es nur so von Leuten. Überallschieben die fliegenden Händler ihre Wagen vor sich hin. Das Angebot ist riesig; tapabocas (Mundschutz), Kaffee, Lotterielose, Früchte, Socken, Empanadas, Wasser, usw. In einem grossen Einkaufszentrum mit vielen Gängen staune ich. Ein Laden neben dem anderen bietet Turnschuhe an. Dutzenderweise. So viele Schuhläden habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Wer braucht denn so viel Turnschuhe in billigster Ausführung!

Wir setzen uns in ein Café und beobachten das Treiben auf diesem Platz.

Wir sind noch nicht lange in der Stadt und schon sehen wir sie überall. Die Menschen, die auf der Strasse leben. Sie liegen rum, torkeln in der Gegend rum und betteln und riechen weit vor sich hin. Viele Venezolaner sind über die Grenze nach Kolumbien geflüchtet und landen hier als Obdachlose. Diese Armut beschäftigt uns sehr. Junge Familien mit Kindern, die nach Geld fragen, alte Frauen und Männer, die uns mit müden Augen anbetteln. Und ständig wird der Abfallkübel, der unweit von uns steht, nach Verwertbarem durchwühlt. Ein Mann findet einen Plastikbecher und eilt zur Frau, die Tinto(Kaffee) verkauft. Er kriegt ohne Entgelt etwas Kaffee in seinen gebrauchten dreckigen Becher. Auch ein Busfahrer stoppt irgendwann und gibt einem Mädchen mit zwei Kindern einen Batzen. Dies alles macht sehr nachdenklich.

Ruhende Frau.
Soldado Romano. Don’t touch it!
Palacio de Cultura Rafael Uribe Uribe. Neugotik.

La Alpujarra con Monumento a la Raza

Geschäftsmässiges Treiben von gut angezogenen Leuten finden wir hier. Die administrativen Gebäude rundherum sind hoch und modern. Vor einem Stand, der Mann zerteilt Früchte in mundgerechte Stücke oder macht Jugos (Fruchtsäfte) draus, steht eine lange Schlange von geduldig wartenden Menschen. Es ist Mittagszeit. Überall eilen die Leute zu ihrem Mittagslunch. Das Obst schmeckt sehr lecker und erfrischend.

Monumento a la Raza
Platz der Demonstrationen. Die administrativen Gebäude gruppieren sich rundherum.
Die Früchte sind frisch und sehr wohlschmeckend! Es lohnt sich anzustehen.
RR.

Parque de las Luces

300 säulenartige Lampen, jede ist 24 Meter hoch, stehen verteilt auf dem ganzen Platz. Dazwischen befinden sich kleine Bambuswälder. Sieht echt grossartig aus. Bänke zum Sitzen und Beobachten sind verteilt. Früher war hier der Marktplatz – daneben die Eisenbahnstation. Vom Land reisten die Händler mit ihren Waren in die Stadt.

Was wir heute hier sehen gefällt uns weniger. Drogenkuriere und unheimliche Bekiffte lungern hier herum. Zum ersten Malfühlen wir uns unwohl. Ein Mann läuft vorbei und gibt mir mit Handzeichen zu verstehen, ich soll hier keine Fotos machen. Gefährlich. Streckt den Daumenhoch als ich nicke und läuft weiter. Oha!! Okay – wir gehen auch weiter. Weg von hier. Nachts wird der Platz mit seinem vielen Licht sicher sehr schön aussehen.

Wir hätten sie gerne noch beleuchtet bei Nacht gesehen; muss gut aussehen.

Jardín Botánico

Leider ist der grössere Teil des Gartens geschlossen. Wir verpassen das Orquidearum und das Schmetterlingshaus.
Der kleine See in der Mitte können wir umrunden. Er ist ganz eingebunden in dichte Pflanzen und Bäume. Im See schwimmen viel Seerosen und Schildkröten. Auf den flachen Steinen am Ufer strecken sie ihre kleinen schmalen Köpfe in die wärmende Sonne. Auf den Bäumen, ganz hoch oben, entdecken wir Leguane. Manchmal kommen sie auch runter auf den Weg. Und viele Vögel in allen Farben fliegen um uns rum. Ein Restaurant in der Mitte bietet sich zum Verweilen an.
Als Botanischer Garten ist er eine Enttäuschung; da habe ich auf meinen Reisen schon viel Schönere und Spannendere entdeckt. Aber als Park ist er in Ordnung. Der Eintritt ist frei.

In den Baumgipfeln hängen zwei grosse Iguanas.

Prächtiges Kerlchen.

Stadtteil SanJavier – Comuna 13

Unser Highlight in Medellín: Comuna 13. Was ist da besonders?

In den 80ziger Jahren wären wir niemals hierher gekommen. Damals beherrschte das Medellín-Kartell und der Drogenbaron Pablo Escobár das dicht besiedelte Stadtviertel mit den in ärmlichsten Verhältnissen lebenden Menschen.
Die rivalisierenden Drogenbanden terrorisierten mit ihren Kämpfen die Gegend. Es wurde gemordet, entführt, die Gewalt war überall.
Escobár war der Anführer des Kartells und zugleich auch kolumbianischer Abgeordneter im Kongress. Mit seinem Rauschgiftimperium und Kokainschmuggel in die Vereinigten Staaten besass er ungeheure Macht. Anfang der 90ziger Jahre wurde er erschossen.
Die Hoffnung keimte auf, dass nun alles besser würde. Doch rivalisierende Guerilla-Milizen füllten das Vakuum, dass durch die Ermordung Escobárs entstanden ist. Die Gewaltspirale drehte sich weiter und die Drogen-Terroristenwurden mächtiger wie nie.
Der kolumbianische Präsident Alvaro Uribe machte Ernst und griff mit harter Hand und der «Operation Orion» durch. Hubschrauber und schwere Panzer, Soldaten, Polizei – drei Tage lang wurde aufgeräumt. Dabei starben unschuldige Menschen, es gab viele Verletzte. Doch dann kam der Aufschwung.
Durch soziale Projekte, Verbesserung der Ausbildung der Kinder, Bibliotheken, sowie eine starke Polizeipräsenz wurde das Stadtviertel zu einem gewaltfreien Lebensbereich.
2011 wurde die Rolltreppe eingeweiht. Nun können die Bewohner – und mittlerweile auch viele Touristen – leichten Fusses die Hügel erreichen und haben besseren Zugang zur Stadt.

Das ist Comuna 13 (trece). Es gefällt uns hier sehr gut. Wir gucken uns, ohne Führer, alles an. Die Rolltreppe, die vielen kleinen Läden, die Bilder und Poster (viele mit Escobár), Bücher, T-Shirts, usw. Sehr viele Graffitis an allen Wänden. Kleine steile Gassen. Es ist längst nicht alles renoviert und hübsch gemacht hier. Man lebt hier. Aber eine Entwicklung ist zu sehen. Viele kleine Bars säumen die Rolltreppe und die Besitzer sind froh, wenn hier etwas getrunken wird. Es ist nicht teuer, im Gegenteil. Auf den Strassen tummeln sich Touristen wie Einheimische. Die Kinder fahren mit dem Velo hin und her, auch die Polizei ist für ein Gespräch offen und bestätigt «hier ist es für euch absolut sicher». Und immer wieder kommen junge Leute und zeigen ihre Künste im Hip-Hop oder anderen Talenten.

Es ist immer noch Regenzeit und tatsächlich überfällt uns hier ein heftiges Gewitter. Bevor wir unseren Regenschutz (der eh keinen Schutz geboten hätte) montieren können, prasselt das Nass herunter. Schnell rennen wir zum Restaurant und stellen uns unter.
Und warten. warten. warten.
Trinken eine Cola.
Irgendwann erwischen wir einen Taxifahrer. Er bringt uns zurück zu unserem Hotel.

Links von Chris - Rechts Ruedi's Katze.
Blick über die Stadt.
So schlängelt sich die Rolltreppe zwischen den Häusern hoch. Nicht an einem Stück, ich glaube es sind sieben.
Es gibt viele Treppen. Rauf und runter.
Da gibt es wohl einiges zu erzählen, ob sie allerdings darüber sprechen möchte?
In den unfertig aussehenden Häusern mit Wellblechdächern wird gelebt.
Ein Teil des Aufschwungs. Entwicklung der Ausbildungsmöglichkeiten für die Jungen.
Ruedi ist fasziniert von dem Jungen und seinen Weelys. RR.
Nochmals Blick über das Viertel. RR.

El Poblado

Mit dem Taxi fahren wir ins Stadtviertel El Poblado. Zum Park Lleras. Dort ist das Zentrum der Nachtvögel. Eine Bar nach der anderen. Sie sind sehr schön gemacht. Viel Grün stellt alles in eine mystische Szene. Für junge Leute ideal. Nichts für uns. Deshalb sind wir auch tagsüber hier 😉.

Unzählige Restaurants und Cafés laden ein. Hier wären sie also. Aber die Bedienung ist desinteressiert und alles ist doppelt so teuer wie anderswo. Uns gefällt es hier nur bedingt.
Aber das Dschungelfeeling wegen der vielen Pflanzen und Bäume zwischen den Häusern ist super.

Wie in vielen Städten ist es auch hier, du findest einen Hutladen und danach noch viele daneben. Oder eine Näherin in einem Raum und danach viele andere Nähboutiquen. So auch hier: ein Motorradladen mit gebrauchten Motorrädern nach dem anderen. Eine Reise Royal Enfield da, eine Vespa dort, ein Naked Bike hier und dort noch eine – die gefällt mir – Ducati Scrambler in Rot!!
Bei dem dichten Verkehr hier ist es sinnvoll mit einem motorisierten Zweirad unterwegs zu sein. Es braucht dann nur noch etwas Mut, sich dauernd zwischen den vielen Autos, Bussen und gelben Taxis durchzuschlängeln. Zimperlich ist man hier nicht!

Sehr schöne Bars.
Findest du den Kater – el gato?
Also spontan würde ich mir dieses Gefährt auswählen!

Heimflug mit LATAM Airline nach Cartagena

So, die Tage sind vorbei. Mit dem Airport Bus wieder zum Flughafen – diesmal die andere Route durch den langen Tunnel.
Bevor wir fliegen, essen wir das Tagesmenü: Reis, Fleisch, Ei, Kochbanane, Arepas, Speck und Salat. Dazu Mango Saft und Rüeblichueche 😊. Ruedi hat das Poulet mit Reis, roter Beerensaft und Schoggichueche😊.

Oh, wie schön kühl war es dort – oh, wie drückend warm ist es hier!! Wir freuen uns aber auf unser Schiff und sind bald wieder auf dem luftigen Ankerplatz vor der Altstadt.

Bye 😊😊

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