65 - Panamá

Wir sitzen zwischen zwei Stühlen.
Januar 22

Colón ist speziell

Nachdem wir die San Blas Inseln verlassen haben, sind wir direkt nach Shelter Bay Panama gesegelt. Das Wetter war so passend – endlich mal angenehmes Segeln. Kurz vor der Kanaleinfahrt passieren wir die grossen Frachter und Tanker. Sie liegen hier wie grosse Tiere vor Reede und warten, bis sie dran sind. Wir kommen uns so klein daneben vor.

Bevor wir reinsegeln können, kommen gleich hintereinander zwei riesige Schiffe aus dem Kanal. Mit dem AIS haben wir die Schiffe sehr genau beobachtet. Weil die meisten still liegen und sich nicht bewegen, heisst das nicht, dass keiner kommt. Und prompt fahren zwei in unsere Richtung. Etwas tricky, aber wir haben sie entdeckt, dementsprechend reagiert und sie vor uns durchfahren lassen.

So schaukeln wir segelnd in den Kanal und rein in das grosse Becken vor den Schleusen. Weil wir so spontan hier eintreffen, früher als geplant, haben wir in der Marina keinen Platz angefragt. Wir ankern für eine Nacht. Sie wird dann so richtig rollig, gut schlafen tun wir nicht. Umso glücklicher sind wir, als wir am nächsten Tag in der Marina anfragen und prompt eine Antwort kriegen. Das ist in den meisten Fällen nicht so – hier aber doch. Gleich haben wir einen Liegeplatz am Fingersteg und werden über Funk ins Hafenbecken gelotst. Unser Tiefgang ist moderat, so dass wir zum Steg F dürfen. Der ist ganz am Ende der Marina, weil es dort nicht so tief ist. Uns gefällt der Platz. Mit Sicht ins Grüne. Wir sind etwas weg von den anderen Booten, die Szene wickelt sich hauptsächlich am Steg D und E ab. Manchmal fühlen wir uns etwas abseits, dafür haben wir etwas mehr Ruhe und können, wenn es dunkel ist, im Heck gemütlich draussen duschen.

Der Gute-Nacht-Gruss.

So sind wir nun in einer Marina. Das ist höchst selten – normalerweise liegen wir vor Anker. Aber jederzeit vom Schiff runterzusteigen und sich die Füsse vertreten zu können, ist toll. Auch, dass wir ruhig und sicher liegen. Dazu treffen wir so viele andere Segler, können miteinander quatschen und uns austauschen. Das macht Spass.

Von der Marina aus gibt es täglich zwei Shoppingbusse. Doch für diesen Gratisservice muss man sich auf der Liste eintragen und die ist immer gleich voll. So kommen wir erst am zweiten Tag mit. Das Einkaufen ist aber gut hier. Verschiedene Zentren mit diversen Läden machen es einfach. Zwischen den Zentren kann man für 1 $ pro Person mit dem Taxi fahren.

Doch wie erstaunt sind wir, als wir mal durch die Gassen von Colón laufen. Gibt es hier auch Gebäude, die nicht kaputt sind? Zum Teil sind sie verfallen, nur das tragende Gemäuer steht noch. Und auf den Strassen und zwischen den Gebäuden liegt extrem viel Abfall rum. Wirklich Spass macht das Bummeln und sich die Stadt angucken nicht.
Allerdings sieht man viele kleine Details, die mich natürlich wieder die Kameragreifen lassen. Doch irgendwie habe ich dabei kein so gutes Gefühl. Sind wir hier sicher?

An der Hauptstrasse
Das sieht man oft – der Verkauf von Glückslosen. Jeder hat Hoffnung aus der Armut rauszukommen.

Auf dem Markt ist das Gemüse- und Früchteangebot schön vielfältig und farbig. Einmal entdecke ich eine hübsche rote Frucht, die ich nicht kenne und frage gleich den Händler. Saril heisst sie – Flor de Jamaica, Hibiscus sabdarifa. Er erklärt mir ausführlich, wie ich damit zu einem guten Getränk komme. Tönt spannend. Müssen wir testen.


Das fremde Leben in der nahen Nachbarschaft


Neben der Marina gibt es nicht viel Möglichkeiten sich abzulenken. Und doch – der Regenwald ist ganz nah. Viele Wege gibt es nicht, aber die, die da sind genügen. Kaum sind wir etwas im dichten Grün, da sehen und hören wir schon einiges. Die Brüllaffen sind mal intensiver mal weniger zuhören. Ihr Gebrüll wird kurz laut und schwellt dann wieder ab. Beim zügigen Laufen halten wir automatisch immer wieder an und müssen unsere Köpfe nach hinten und unsere Blicke nach oben führen. Allerdings tut sich auch viel auf dem Boden.

Kapuzineraffe
Brüllaffe
Rabengeier
Blattschneiderameisen

Dazu haben wir noch Capybaras, Nasenbären, Eichhörnchen und einen Tucan entdeckt. Das Krokodil, das hier rumschwirren soll, haben wir bis heute glücklicherweise nicht gesehen.


 

Battery – lost place

Rund um Shelter Bay Marina sieht man ehemalige militärische Anlagen. Fort Sherman heisst es hier. Alles ist verfallen, kaputt, einsam und verwachsen. Der kleine Flugplatz ist nicht mehr in Betrieb. Herrlich für mich 😉.

Mit diesen festmontierten Ringen in den Wänden wurden Kanonen gesichert.
Sorry, ich kann da nicht widerstehen.
Jetzt längt’s!

Probelauf durch den Panama Kanal

In der Marina werden viele Linehandler gesucht. Das sind die, die bei der Schleusendurchfahrt die Schiffe stabil in der Mitte der Schleuse halten. Jedes Schiff braucht vier Personen.
Neben uns liegt ein kleines Segelboot WASA und weiter hinten liegt Kay mit seiner Victoire 1150. Sie beide fragen uns wegen Linehandler an, doch leider etwas zu spät. Mit ihnen wären wir sehr gerne losgezogen, doch wir haben schon bei unseren Kollegen zugesagt. Und so kommen wir schneller als gedacht zu unserer resp. meiner neuen Erfahrung Panama Kanal.

Pünktlich um 12 Uhr geht es raus vor die Marina zum Ankerplatz. Hier müssen wir warten, bis der Advisor, der uns durch den Panama Kanal begleitet, mit dem Schiff herangebracht wird.
So, jetzt geht es los! Vor der Schleuse werden drei Schiffe zu einem Paket zusammengebunden (nested). In der Mitte ist der grosse Katamaran, links und rechts die beiden Segelboote (Monohulls). Wir liegen auf seiner Backboardseite. Zusammen fahren wir in die Schleuse rein. Von oben werden dünne Monkeylines runtergeworfen. Damit befestigen wir die grossen langen Leinen, diese werden hoch zu den Pollern gezogen und dort festgemacht. So werden die Schiffe in der Schleuse stabilisiert, damit sie schön in der Mitte liegen. Vor uns ist bereit sein grosses Schiff, die ENSEMBLE aus Singapore. Dieses grosse Schiff wird von vier Lokomotiven (Mulis) stabilisiert.
Und schon beginnt das Wasser die Schleuse zu fluten und die Schleusentore schliessen sich hinter uns. Spannend. Die Linehandler kommen nun zum Einsatz, sie müssen die Leinen schön satt anziehen – immer wieder, bis wir oben sind. Die Schleusentore vorne öffnen sich und wir fahren alle in die nächste Schleuse. Das grosse Schiff darf dabei seine Propeller nur ganz sachte rotieren lassen. Vor ein paar Wochen gab es einen Unfall, da hat ein grosses Schiff die Propeller stark laufen lassen. Der Druck, der dabei erzeugt wird, wurde zu stark und dem Segelschiff hinten sind die Klampen ausgerissen worden. Es drehte sich und touchierte die Schleusenwände!

Uns passiert nichts, wir durchlaufen alle drei Schleusen hinauf in den Gatún-See. Höhendifferenz: 26 m. Nicht viel. Für diesen grossen Aufwand!

Jetzt gibt es gleich Feierabend für heute. Anlegen an einer grossen Boje für die Nacht.
Am nächsten Tag geht es frühmorgens weiter. Wir fahren durch den Gatún-See(Süsswasser). Rundherum nur Grün.

Es kommen wieder drei Schleusen und diesmal geht es runter. Jetzt müssen die Linehandler die Seile führen und sehr Acht geben, dies rechtzeitig zu tun. Wenn’s zu spät ist, ist der Druck ebenfalls zu stark und es geht nicht mehr. Das darf nicht passieren. Also höchste Konzentration.
Bei der letzten Schleuse – der Miraflores Schleuse – gibt es eine Live-Kamera. Hier verfolgen Angehörige und Freunde die Durchfahrt der Segelschiffe. Und auf der Terrasse des Gebäudes mit dem Museum des Panamakanals stehen viele Besucher und schauen uns zu und winken.

Die Schleusentore öffnen sich – und vor uns liegt der Pazifik. Oh, wäre es doch schon unser Schiff gewesen. Es ist beeindruckend.
Wir bleiben noch eine Nacht auf dem Schiff und fahren am nächsten Morgen mit dem Express-Bus von Panamá nach Colón und zurück zur PASITO.

 

Hier kurz ein paar Eindrücke:

Wir auf dem Segelschiff kommen uns klein vor.
Hier sieht man die kleinen Helfer (Mulis) besonders gut in Aktion.
Job des Linehandlers; in Koordination mit der anderen Seite.
Wie Ungetüme schieben sie sich durch den Einschnitt.
Zwischen den beiden Schleusen (2 x 3 Schleusen) liegt der Gatún-See (Süsswasser). Die Fahrt dauert grad ein bisschen.
Wie fleissige Ameisen, wirkt etwas surreal, oder?
Die letzte Brücke vor dem Pazifik – Puente de Las Américas.

Die Entscheidung

Wir fühlen uns, als würden wir auf einem Grat mitten im Wasser sitzen.
Links geht es in den Pazifik, rechts nach Europa.
Durch die Situation, ausgelöst von Covid-19, auf der Welt, ist das Entscheiden "wohin geht die Reise weiter" sehr schwer. In der Südsee haben viele Länder für ankommende Segler noch geschlossen: Kiribati, Cook Island, New Zealand und Australien. Dort kommen wir vorerst nicht rein und würden in der Südsee hängen bleiben. Es sind zwar Gerüchte im Umlauf, dass die Öffnung im Jahr 2022 vor sich gehen soll, doch das Vertrauen in solche Aussagen haben wir nicht mehr.
Das Zurück-nach-Europa-segeln wäre für uns auch interessant. Ruedi kennt den Weg nach Australien, aber nicht den Weg über den Atlantik nach Europa . Das wäre eine spannende Herausforderung. Dazu die schönen Inseln der Azoren. Wieder einmal wandern gehen!!! In Portugal könnten wir eine Weile leben und die Küste besser kennenlernen. Portugal gefällt uns sehr.

Doch uns zieht es in die Ferne und zu exotischen Ufern. Die Entscheidung fällt:
Wir werden den Panamakanal passieren und in den Pazifik segeln 😊😊.

Als wir die E-Mail an den Agenten senden, kommt der Prozess sehr rasch in Gang. Wie wir die Kanalpassage mit dem eigenen Schiff erleben, kommt demnächst!

 

Bye

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