86 - Tahiti

Das Warten hat bald ein Ende.
März 23

Frühling für uns

Die Cyclone Season nähert sich langsam dem Ende zu. Eigentlich fängt hier eher der Herbst an, die Temperaturen werden etwas kühler. Aber für uns fühlt es sich an wie Frühling: Erwachen, Aufbruchstimmung, Neues entdecken.
So machen wir uns auf und verlassen Tahiti endgültig, um langsam Richtung Westen zu segeln. Noch könnte ein verspäteter Cyclone auftauchen, aber so ungefähr in der zweiten Hälfte des Aprils wollen wir Französisch-Polynesien verlassen.

Leben hier

Die Zeit in Tahiti verging schneller als angenommen. Sechs Wochen haben wir ausnahmsweise mal in der Marina verbracht. Mitten in der Stadt Papeete. Lässt man mal die lärmige Uferstrasse und auch das heftige Schaukeln des Schiffes durch ankommende und abfahrende Fähren weg, ist es eigentlich ganz angenehm hier.

Am morgen früh durch die quirlige Markthalle bummeln und an jedem Stand etwas frisches Gemüse oder Obst kaufen, das macht Spass. Handeln ist nicht möglich – die Preise sind angeschrieben und fix. Handeln geht eher an den kleinen privaten Strassenständen. Doch hat man mal erfolgreich den Preis gesenkt, bekommt man ein schlechtes Gewissen. Die Schere zwischen Armut und Reichtum ist enorm hier. Es leben extrem viele Menschen auf der Strasse. Überall liegen oder sitzen die Leute rum, es ist auch egal, wenn es mitten auf dem Trottoir ist. Als es einmal heftig regnete, suchten viele Menschen Schutz unter den Arkaden in den Häuserschluchten – da war die Menge besonders sichtbar und hat uns sehr nachdenklich gemacht. Wenn man aufmerksam durch die Gegend läuft, entdeckt man in den entlegensten Winkel eine kleine Behausung aus Stoffresten und gesammelten Plastikplanen. Ein bisschen Privatsphäre.

Der Park Paofai wurde am Ufer entlang erstellt; aufgeschüttet, dem Meer abgetrotzt. Er ist sehr schön, wir geniessen ihn sehr, es ist immer viel los hier.

Ausgiebige Grünflächen zum Verweilen oder Spielen, schattige Zonen mit Tischen und Bänken zum Lernen, Quatschen oder Essen. Diese können für private Feste auch reserviert werden. Dazu eigens für die Kinder umzäunte Spielzonen, gegliedert nach Altersgruppen.
Am Ufer soll man nicht baden, hier stehen die vielen Va'a für den Sport bereit (Pirogen); daneben Sanitärräume zum Duschen.
Weiter hinten ist ein grosses Sandfeld für Beach Volleyball, gemütliche Snackbars und kleine Restaurants.
Die grossen Bäume und Sträucher sind exotisch und einfach schön!

Pandanus. Gutes Material zum Hüte flechten.
Diese Kräne faszinieren mich. Sie sind auch so präsent! Unübersehbar. Begleiten täglich.
Dies sind die Zonen, links für Picknick, rechts für Kinder.

Nach dem Park kommt das Maison de la Culture. Hier öffnet eine Fotoausstellung ihre Türen. Mit Emily, sie betreut die Exposition und hat selber ein Bild ausgestellt, führe ich ein langes interessantes Gespräch. Kultur ist in dieser Inselwelt sehr wichtig; sie verbindet und fördert. Fördert das Wissen und Können, fördert den Austausch und die Kommunikation untereinander und zwischen den Inseln. Sie ist Französin und hier hängen geblieben. Sie erzählt auch davon, wie schwierig es ist, einen Job zu ergattern. Wir fragten uns zum Beispiel oft, warum ein Security-Mann/Frau tagelang in der langen dunklen Uniform und schweren Schuhen im Hafen in der Sonne ausharrt. Der Schatten ist spärlich! Doch jeder hier ist froh, wenn er einfach einen Job hat!

Was ich noch sagen wollte

Ich komme nochmals auf die Heiva zu sprechen (siehe auch Blog Nr. 85). Da habe ich etwas zu knapp davon berichtet. Eine Vorstellung haben wir besucht, die anderen beiden Abende konnten wir live und gratis auf Facebook verfolgen; dies wurde von der Bevölkerung auch rege genutzt, obwohl der Eintritt sehr günstig war. Und da es im Aufenthaltsraum in der Marina freies Wifi gibt, habe ich dies mitverfolgt.

Es fand statt unter freiem Himmel auf der Freilichtbühne mit Tribüne; nur eine VIP-Zone ist überdacht. Von verschiedenen Inseln wie Makemo, Tahaa, Bora Bora, Tahiti, etc. kommen die Schüler aus den Lycées und führen ihre Tänze vor. Alles haben sie selber gemacht. Zuerst wird das Begrüssungs- und Vorstellungsvideo abgespielt, es zeigt, woher sie kommen und wie sie zusammen an diesem Projekt gearbeitet haben.
Die Choreographie der Tänze und die Kostüme, den Kopf- und Körperschmuck, auch das haben sie alles gemeinsam in der Gruppe entworfen und anschliessend selber produziert. Fast alles mit Naturprodukten wie Pandanus oder Kokospalme, Muscheln, Federn, etc. Eine Augenweide!
Da alles draussen stattfindet, muss mit Regen gerechnet werden. Und der kommt dann auch kurz jeden Abend. Das heisst dann jeweils Pause, warten bis es aufhört, dann Wasser wegwischen, Boden trockenreiben und mit Gebläse möglichst trockenfönen. Schliesslich sind es Kinder/Jugendliche und da ist Vorsicht geboten, damit niemand ausrutscht und sich verletzt. Jetzt geht das Programm weiter – alle haben Geduld.
Im Sommer findet dann die grosse Heiva statt, die Erwachsenen bieten nochmals eine Stufe mehr an Power und Können. Aber hier bei den Kindern spüren wir, wie wichtig ihnen diese Kultur ist. Sie sind mächtig stolz darauf und mit sehr viel Engagement dabei!

Wer trifft die Kokosnuss

Einmal wollen wir uns einfach nur die Beine vertreten und laufen los. Der Strasse entlang, da gibt es immer viel zu entdecken.

Was ist hier los? Junge Menschen überreichen uns lächelnd einen Becher voll Früchte! Gratis heute – das Thema: Liebe. Eine kirchliche Vereinigung ist in ihrem Element; begeistert erzählen sie uns von ihrer Aktion.

Und hier – was passiert hier? Viele Autos sind der Strasse entlang parkiert. Das ist aussergewöhnlich. Wir laufen in den nahen Park und sind mitten in einem Fest: Va'a Marathon. Drumherum wieder viel Kultur: Da werfen Männer, bekleidet mit einem bunten, langen Tuch um die Hüften und einem Blumenkranz auf dem Kopf, ihre langen Pfeile mit gekonntem Armschwung und Finger-Kick hoch in die Luft. Auf einem sehr hohen Stecken ist die Kokosnuss aufgespiesst. Dort muss der Pfeil landen! Lustig zum Beobachten.
Daneben treffen wir auf Männer und auch Frauen, die einen schweren Stein auf ihre Schultern hoch hieven! Wow! Das Fernsehen von Tahiti ist sehr präsent, dokumentiert das Geschehen und interviewt die Mutigen. Weiter hinten tanzen Frauen, jede darf mitmachen.
Und dann die Wettrennen mit den Va'as (Pirogen) – voller Freude und Kraft paddeln sie im Meer dem langen Strand entlang, die Strecke ist weit.

Nur der Zeigefinger macht den Kick.
Gemeinsam wird die Kokosnuss runtergeholt…
… zur Auswertung.
Hoch damit.
Na, wie war’s?

Handwerkskunst aus Tahiti

Für uns ist noch wichtig, unser Proviantlager auf dem Schiff zu prüfen und ergänzen. Wir freuen uns auf Gebiete, die weniger teuer sind, aber bis dahin brauchen wir halt trotzdem noch etwas zu futtern. Mit unserem Wäggeli geht es auf Tour. Dabei entdecken wir noch eine Ausstellung: 3ième Salon des Jeunes Artisans Créateurs. Im Hotel Hilton. Wow – wir betreten eine ganz andere Welt. Luxus pur. Und dürfen sie einfach so geniessen. Das schöne Hotel ist sehr offen gebaut und anscheinend für alle frei zugänglich. So bestaunen wir die Architektur und die fein designte Einrichtung, die prächtige Parkanlage, den einladenden Pool und die Aussicht rüber auf die Nachbarinsel Moorea. Ein feiner Espresso und weiche Lounge Sessel... it feels like...

Die ausgestellten Kunstwerke und Produkte zum Kaufen sind wunderschön. Gezeigt wird vor allem Schmuck, Stoffarbeiten, Holzschnitzereien und Musikinstrumente aus Holz. Die jungen Künstler sind sehr sympathisch und stellen ihr Handwerk gerne vor. Mit Herenui komme ich ins Gespräch. Sie stellt mir ihr prächtiges Wettbewerbs-Ausstellungsstück vor: HEI – Pour la couronne de tête «Põpou» et de cou «Mãnava». Die Krone ist aus Draht gedreht und mit vielen Details reich verziert. Der lange Halsschmuck mit den runden Platten aus Schildpatt erzählt die ganze Geschichte und ihre Gedanken dazu. Die Kultur ihrer Heimat. Ich bin begeistert.

Aufbruch

Langsam treffen die Segler in Tahiti ein. Ein paar Schiffe kennen wir schon, andere lernen wir kennen. In der Marina sind drei Schiffe, da kommt gerade Nachwuchs auf die Welt! Wir spüren Aufbruchstimmung. Jeder checkt nochmals alles auf dem Schiff, repariert und besorgt die letzten Ersatzteile. Besorgt Gas zum Kochen. Macht sich bereit für die kommende Weiterreise.
Auch Ruedi geht auf den Mast zur Kontrolle – ich ziehe ihn hoch! Alles in Ordnung. Eine Überraschung beschert uns das WC – wir müssen die Schläuche ausbauen und neue montieren. Ein ganz schöner Brocken Arbeit! Jetzt hoffen wir, es kommt nichts Neues.

Gefüllt hält sie wieder fast ein halbes Jahr zum Kochen.  
Unser Wäggeli leistet immer noch sehr gute Dienste.

Zusammen mit ein paar anderen Schiffen (alles Amerikaner und Kanadier) treffen wir uns in der Brasserie 3B und tauschen unsere Infos über Ankerplätze und Einklarierungsbestimmungen der nächsten Inseln und Länder aus. Sie alle müssen bald weiter. Wir Europäer aus EU- oder Schengen Länder dürfen zwei Jahre bleiben. USA, Australien, Neuseeland und Kanada offiziell drei Monate (Verlängerung möglich).

So, dies war's vorerst – bis zum nächsten Mal.

Bye

zurück